Alle Schmetterlingsraupen können Seidenfäden produzieren, aber nur ein Teil von ihnen fertigt daraus – zum Schutz des Puppenstadiums – einen Kokon.
Nord-Korea zeigt in zwei Sätzen (1966/1991) einige Vertreter aus den Familien der Augenspinner (b,c,d,e,f,h) und der Seidenspinner (a,g) jeweils mit arttypischen Kokons und Futterpflanzen:
Der vor mehr als 2000 Jahren in China domestizierte Maulbeer-Seidenspinner (Bombyx mori) ist der wichtigste Seidenlieferant: Seine Kokons lassen sich vor dem Schlüpfen der Falter unbeschädigt ernten. So kann der sie bildende, über 1000 m lange Seidenfaden am Stück abgewickelt werden (Haspelseide).
Auch aus den Kokons der frei lebenden Spinner lässt sich – über den aufwendigen Weg des Sammelns, Zerzupfens und Verspinnens – Seide gewinnen (Wildseide).
Gegenüber Wildseide ist Zuchtseide feiner, besser färbbar und vor allem verlässlich verfügbar. Diese Vorteile bescheren der Zuchtseide einen Marktanteil von über 90%. Die kurzen, meist dunklen und unregelmäßigen Wildseide-Fasern müssen zunächst – wie Wolle – zu Fäden versponnen werden, haben aber auch Vorteile: die aus ihnen gewebten Stoffe sind deutlich beständiger gegen Säuren, Laugen und Abrieb. Kenner schätzen die charakteristische gröbere Eigenstruktur der TUSSAH-, ERI- und MUGA-Wildseiden als Garant für Langlebigkeit und die Gewissheit, dass für ihre Herstellung kein Tier sterben musste. Für buddhistische Mönche und Veganer ist das wohl kaufentscheidend.
Von über 500 möglichen Arten werden nur wenige Dutzend für die Wildseide-Erzeugung genutzt, fast ausschließlich Nachtfalter aus den Familien der Augenspinner (Saturniidae), Zahnspinner (Notodontidae) und Glucken(Lasiocampidae). Neben China und Japan hat vor allem Indien eine jahrtausendealte Wildseidentradition. Zwei Arten sind halb-, eine sogar voll domestiziert: Der Ailanthusspinner (Samia cynthia ricini).
Auch in den Trockenwäldern Afrikas gibt es Spinnerarten, die brauchbare Wildseide liefern wie z.B. Anaphe panda. Ihre Raupen verpuppen sich zu hunderten in bis zu 3 kg schweren Kokon-Sammelnestern. Europäische Kolonialherren testeten Anfang des 20. Jahrhunderts mit Erfolg ihre Eignung (NESTER-Seide). Ein lohnender Markt ist Wildseide in Afrika aber nicht geworden, allenfalls eine Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme für Landfrauen, die ihre selbstgewebten wärmenden Schals an Touristen verkaufen. An drei Marken aus Botswana (2000) soll gezeigt werden, dass afrikanische Nachtfalter nicht nur als Seidenproduzenten nützlich sind: Gonometa- und Argema-Raupen verpuppen sich in Seidenkokons, die durch eingelagertes Ca-Oxalat verfestigt sind. Dadurch entstehen stabile Behältnisse, aus denen bis heute Fußrasseln für rituelle Tänze gefertigt werden (Auf gleiche Weise fertigen Indianer in NO-Mexiko ihre Rasseln)Die Raupen von Imbrasia belina ernähren sich ausschließlich von Blättern des Mopane-Baums und verpuppen sich (ohne Kokon) in der Erde. Statt indirekt über die Seide ernähren sie die Einheimischen unmittelbar: ausgewachsene Raupen werden in Massen gesammelt, getrocknet und dann verzehrt, als nahrhafte Suppe, delikate Vorspeise oder als knuspriger Snack.